Drehgeber in der Baumaschine
Extrem robuste Drehgeberfamilien von Hengstler
Hengstler, Aldingen. Da moderne Baumaschinen überwiegend durch hydraulische Systeme gesteuert und bewegt werden, spielen Elektronik und Steuerungstechnik in vielen Anwendungen bisher nur eine untergeordnete Rolle. Doch sicherheitsrelevante Aspekte und fahrerunterstützende Funktionen rücken immer mehr in den Vordergrund: Sensoren wie Encoder oder Potentiometer werden zunehmend eingesetzt, um der Steuerung Positions-, Winkel- und Geschwindigkeitsdaten zu liefern. In diesem Segment werden sehr hohe Anforderungen an die Sensoren gestellt. Der Betrieb im Freien unterliegt unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, d.h. extremen Temperaturschwankungen und dem Einfluss von Schmutz, Staub und Flüssigkeiten. Die daraus resultierenden Anforderungen an hohe Robustheit und hohe Schutzart sind die Basis für die neu konzipierten Drehgeberfamilien von Hengstler.
Typische Anwendungen
Drehgeber werden für Positions-, Winkel-, Geschwindigkeits- und Längenmessungen in Baumaschinenanwendungen eingesetzt. Sie übernehmen Aufgaben, die die Arbeit des Fahrers erleichtern und die Produktivität erhöhen, wie z. B. die punktgenaue Positionierung von Lasten für Hebezeuge oder die Begrenzung von Arbeitsbereichen zum Schutz vor Kollisionen. Sie ermöglichen aber auch die Einführung sicherheitsrelevanter Funktionen, die dem Fahrer Warnsignale geben, sobald die Maschine in eine kritische Situation gerät. Ein klassisches Beispiel sind überhöhte Lasten, die zum Kippen von Hebezeugen (Hebekräne, Bagger) führen.
Auch in land- und forstwirtschaftlichen Maschinenanwendungen erleichtern Drehgeber die Arbeit erheblich, indem sie die Abläufe vieler Anwendungen automatisieren, angefangen von der geschwindigkeitsgesteuerten Aussaat in der Landwirtschaft bis hin zur automatisierten Vermessung von Baumstämmen. Automatisierte Prozesse, die die Produktivität in der Landwirtschaft steigern, werden durch den Einsatz von satellitengesteuerten Systemen immer ausgefeilter. Und schließlich werden Spezialmaschinen für die Gleisinstandhaltung, die Positionierung von Schleifscheiben, für die Bergbau- und Bohrtechnik (Steuerung der Bohrgeschwindigkeit) sowie für Spezialtransportgeräte für überdimensionale Objekte eingesetzt, wo sie die Lenkposition jedes Rades bestimmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Drehgeber, die in Baumaschinen eingesetzt werden, ihre Leistungsfähigkeit unter extrem rauen Bedingungen immer wieder unter Beweis stellen, indem sie zuverlässige Rückmeldungen über Positionierung, Auslenkwinkel oder Geschwindigkeiten liefern. Die robusten Drehgeberfamilien von Hengstler überzeugen durch ihre völlig schleifkontaktfreie Technologie, die eine hohe Zuverlässigkeit und Langlebigkeit gewährleistet. Insbesondere die programmierbaren Absolutwertgeber erfordern im Vergleich zu anderen Technologieprodukten keine Nachjustierung. Die Funktion und Genauigkeit von Potentiometern beispielsweise wird durch Temperaturschwankungen und Verschleiß beeinträchtigt. Darüber hinaus bieten Drehgeber eine vollständige 360°-Abtastung, die eine genaue Rückmeldung über eine volle Umdrehung oder sogar mehrere Umdrehungen ermöglicht. Multiturn-Versionen ermöglichen es, jederzeit die genaue Anzahl der Umdrehungen abzulesen, auch nach Spannungsabfällen oder kompletten Stromausfällen.
Drehgeber in mobilen Hebezeugen, z. B. Hydraulikbaggern und Mobilkränen
Wie bereits erwähnt, eignen sich Drehgeber für eine Vielzahl von Baumaschinenanwendungen. Anhand eines Beispiels aus dem Bereich der Hebemaschinen, wie Hebekräne und Hydraulikbagger, wollen wir ihren Einsatz erläutern. Zunächst einmal gibt es für Maschinenhersteller mehrere gute Gründe, zuverlässige Sensoren einzusetzen: Gesetzliche Vorgaben zur Unfallverhütung oder zur Zulassung von Fahrzeugen für den Straßenverkehr sind wichtige Kriterien, die Steigerung der Produktivität bei der täglichen Arbeit ein weiteres.
Überlastwarnung für stabilen und sicheren Stand von Hebezeugen:
Nach der deutschen Unfallverhütungsvorschrift (VBG 40) ist eine Überlastwarneinrichtung sowohl für Krananlagen als auch für Hydraulikbagger vorgeschrieben. Sie muss dem Fahrer ein Warnsignal geben, sobald die zulässige Last überschritten wird. Bei Hydraulikbaggern kann dies durch ein Messelement realisiert werden, das den Betriebsdruck im Auslegerzylinder ermittelt und ein Warnsignal an den Fahrer abgibt, sobald ein definierter Druck überschritten wird. Diese Funktion kann von Encodern übernommen und sogar durch eine Rückmeldung an die Steuerung ergänzt werden. Durch die Ermittlung des Auslenkungswinkels jeder Drehachse des Baggerarms und des Drehkranzes zwischen Ober- und Unterwagen kann jederzeit die maximal zulässige Belastung im Baggerlöffel oder der Kranaufhängung berechnet werden. Das entsprechende Lastmoment für jede Position kann über die Software eingegeben werden und unterstützt so den Fahrer mit Warnsignalen oder sogar aktiven Eingriffen in die Motorsteuerung.

Abbildung 1: Hydraulikbagger mit Überlastwarnung
Einschränkung der Arbeitszone zum Schutz vor Kollisionen:
Bauarbeiten müssen oft auf engem Raum durchgeführt werden, z. B. in der Nähe von elektrischen Freileitungen oder auf Baustellen, wo sich mehrere Hebekräne gegenseitig behindern können, oder in Fußgängerzonen. Hebezeuge wie Hydraulikbagger können zum Beispiel in Gebäuden mit begrenzter Deckenhöhe oder Mobilkrane in Bahnverladestationen mit Oberleitungen eingesetzt werden. In solchen Fällen verwenden Kransysteme einen so genannten elektronischen Sicherheitsarbeitsbereich (ABB). Ein elektronisches Steuerungssystem schützt vor Hindernissen, indem es den Kran abbremst, wenn er sich einem Hindernis zu sehr nähert, und so verhindert, dass er mit diesem kollidiert. Antikollisionssysteme werden auch auf Großbaustellen mit mehreren Kränen eingesetzt. Sie überwachen die Position jedes einzelnen Krans und verhindern zuverlässig, dass dieser zu nahe an den Nachbarkran herankommt. Nach dem oben beschriebenen Prinzip ermitteln Drehgeber die exakte Position und den Auslenkungswinkel der Maschine und geben sie an die Steuerungselektronik weiter.
Positionierung auf den Punkt gebracht:

Abbildung 2 Großbaustelle mit Mehrfachkraneinsatz. Antikollisionssysteme helfen, Unfälle zu vermeiden
Die Arbeit der Kranführer wird wesentlich erleichtert, wenn die Lasten punktgenau positioniert werden. Um dies zu erreichen, gibt ein Encoder der Steuerung kontinuierlich Rückmeldung über die Position und Geschwindigkeit des Krans. So können Sollwerte durch mikrofeine Drehverstellungen gewählt und die Auswirkungen von Wind- oder Lastverhältnissen durch entsprechende Gegenbewegungen kompensiert werden.
Genehmigung für die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr:
Hydraulische Radbagger werden für den Straßenverkehr zugelassen, wenn sie mit einem Sensor ausgestattet sind, der sicherstellt, dass der Oberwagen in Fahrtrichtung ausgerichtet ist. Hierfür werden sehr häufig induktive Sensoren eingesetzt. Neue Möglichkeiten, die über die oben beschriebenen Funktionen hinausgehen, lassen sich nun aber durch einen Geber in der Felge zwischen Ober- und Unterwagen realisieren.
Anforderungen an das Produkt
Zu den wesentlichen technischen Anforderungen für den Einsatz von Drehgebern in Baumaschinen gehören eine hohe Schutzart, ein weiter Temperaturbereich, eine hohe Schock- und Vibrationsfestigkeit, eine hohe Beständigkeit gegen Wasser und Feuchtigkeit sowie eine hohe Belastbarkeit der Welle. Drehgeber sollten die Schutzart IP67 oder sogar IP69 aufweisen. Ein Temperaturbereich von -40°C bis 100°C gewährleistet einen einwandfreien Betrieb unter rauen Umgebungsbedingungen wie direkter Sonneneinstrahlung und schwankenden Temperaturen. Um die Bildung von Kondenswasser durch interne Heiz- und Kühlphasen zu verhindern, sollte das Gehäuse speziell abgedichtet werden. Die Stoßfestigkeit variiert je nach Anwendung, sollte aber mindestens 1.000m/s2 betragen; die Vibrationsfestigkeit sollte mindestens 100m/s2 betragen. Da Baumaschinen häufig mit Dampfstrahlern gereinigt werden, ist eine hohe Beständigkeit gegen Druckwasser ebenfalls von großer Bedeutung.
Hengstler bietet mit seiner "Heavy Duty"-Produktfamilie die passenden Drehgeber (HSDxx, HDxx, ARxx) an, die alle diese Anforderungen erfüllen oder sogar übertreffen. Eine extrem hohe mechanische Robustheit wird z.B. durch den Einsatz einer hochmodernen Optik- und Kodierscheibe aus Kunststoff anstelle der sonst üblichen Glasscheibe erreicht, die unter extremen Lastbedingungen brechen kann. Diese Produktserie ist auch mit Edelstahlgehäusen nach NEMA 4x und 6P mit doppelter Abdichtung erhältlich, die einen zuverlässigen Betrieb in Umgebungen gewährleisten, die eine hohe Beständigkeit gegen Hochdruckdampfreiniger oder korrosive Chemikalien erfordern. Die Drehgebertypen HSDxx und HDxx sind eigensichere Varianten und in Verbindung mit der entsprechenden IS-Barriere nach ATEX EEx ia IIB T4 zertifiziert. Damit eignen sie sich für Anwendungen in korrosiven Atmosphären oder Anwendungen, die eine hohe Beständigkeit gegen Spritz- und Schwallwasser erfordern.
Mit der magnetischen Drehgeberserie AR-XX bietet Hengstler eine weitere äußerst robuste Produktfamilie an. Zu den besonderen Merkmalen gehören nicht nur ein besonders robustes Gehäuse, sondern auch großzügig dimensionierte, eigenständige Kugellager, die hohe mechanische Belastungen und sogar hohe Axial- und Radialkräfte aushalten. Die 12-Bit-Auflösung ermöglicht höchste Beschleunigungsraten und Unterwasserbetrieb. Alle Produkte sind elektrisch kompatibel zu Standardgebern und mit den gängigen Schnittstellentypen (SSI, BiSS, CANopen, analog oder parallel) erhältlich.
Robuste Technologien erleichtern den Einzug und die Etablierung elektronischer Komponenten im Bereich der Baumaschinen. Sie entsprechen auch den Anforderungen an hohe Sicherheit, Produktivität und Bedienerfreundlichkeit. Auch wenn es vielleicht noch ein paar Jahre dauern wird, bis die Elektronik die Hydraulik ablöst, ist schon jetzt klar, dass die Sensorik eine immer wichtigere Rolle spielen wird.